Alles für die Anerkennung!
"Es ist mal wieder an der Zeit. Ein neues Auto muss her! Schon länger brennt da ein Funke in mir, eine Vision, ein Bedürfnis genau dieses eine Fahrzeug zu haben. Das geht schon so weit, dass ich mich schon darinsitzen sehe, das Gefühl damit zu fahren schon fast realistisch fühlbar ist. Dieses Gefühl etwas besonderes zu haben, zu besitzen und zu nutzen. Da werden Einige staunen und vermutlich auch ein wenig neidisch sein. Er wird in diesem neuen, stumpfen Grau mit glänzend schwarzen Applikationen bestellt, die zweiflutige Abgasanlage in glänzend schwarz ist eh der Hit. Und die Sitze erst – einfach der Wahnsinn."
So oder so ähnlich ging es mir schon mein Leben lang. Also zumindest seitdem ich Autofahren darf und kann. Wie sieht das Auto aus, kann ich damit beeindrucken, passt das Fahrzeug zu meinem Image (oder dem das ich gerne hätte)? Auch wenn uns diese Fragen vielleicht nicht ganz so bewusst sind, geht es doch genau darum. Meist tun wir Dinge hauptsächlich deshalb, weil wir die Anerkennung unserer Leistung, unserer Person von den Menschen um uns herum haben wollen. Es geht sogar so weit, dass ich behaupten möchte, dass Alles, wirklich Alles was wir tun, der Anerkennung dient. (Außer natürlich der lebenserhaltenden Maßnahmen wie Essen und Trinken).
Das neue Auto, ein wenig stärker und größer als das Alte, das neue Haus muss noch geiler sein, das neue Motorrad noch schneller und die krass stylische Lederjacke darf auch noch etwas mehr kosten. Es mag ja sein, dass uns diese Dinge wirklich auch selbst gefallen. Natürlich ist das so. Aber im Grunde tun wir das Alles dann doch für die Anerkennung, die wir damit bekommen. Dafür, dass die Menschen unsere Leistung sehen können, unseren Erfolg erkennen.
Dafür tun wir dann auch Dinge, auf die wir bei genauerer Betrachtung auch hätten verzichten können. Die Lederjacke aus dem letzten Jahr ist ja noch neuwertig, das „alte“ Auto ist gerade mal drei Jahre alt und immer noch wirklich gut und das aktuelle Haus/Wohnung ist doch auch nicht so schlecht, als dass sich der riesige Aufwand dies zu ändern wirklich lohnen würde.
Viele Jahre meines Lebens habe ich mehr im Außen verbracht und nicht wirklich auf meine eigentlichen Bedürfnisse geachtet. Bis mir der Satz aus der Überschrift bewusst wurde. Alles für die Anerkennung. Und ich begann über die Vergangenheit nachzudenken. Was habe ich in meinem Leben alles nur für mein Bild nach Außen getan? Auf was hätte ich verzichten können, wenn mir dieser Satz schon früher die Augen geöffnet hätte?
Natürlich hätte ich mein Leben nicht als selbstversorgender Einsiedler in einer selbstgebastelten Waldhütte in Ostsibirien verbracht. Wenn ich aber mehr bei mir gewesen wäre, mich mehr an meinen tatsächlichen Bedürfnissen orientiert hätte, dann wären wohl so einige hart erarbeitete Zehntausender auf dem Bankkonto geblieben.
Alles für die Anerkennung. Diese Erkenntnis empfinde ich schon lange als sehr positiv. Denn sie macht nicht nur nachdenklich, nein, sie lässt sich auch perfekt nutzen. Wenn wir wissen, dass Alles was wir Menschen tun hauptsächlich der Anerkennung dient, dann können wir diesen Hebel auch im Verkauf unserer Leistungen nutzen. Gerade wir Maler sind doch prädestiniert dafür unseren Kunden einen perfekten Auftritt zu verschaffen. Eine schöne neue Fassade am Haus, das topgestylte Wohnzimmer oder das neue, zeitgeistige fugenlose Bad. Seine Freunde werden staunen (und anerkennen).
Dies im Verkauf zu nutzen ist keine Option, sondern pure Notwendigkeit. Alles was wir dazu tun müssen, ist den Wert unserer Leistung zu steigern, erkennbar zu machen, sexy zu machen. Wenn der potenzielle Kunde das Gefühl hat, dass unsere Leistung seiner Außenwirkung dient und er damit Anerkennung bekommt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er uns den nächsten Auftrag gibt, deutlich höher. Denn auch er tut Alles für die Anerkennung.
Zuletzt bleibt da noch eine Frage. Dient mein nächstes Fahrzeug mehr meine Ego oder meinem tatsächlichen Bedürfnis?
Robert Paulus