Europa stand vor Kurzem, vermutlich mehr als gedacht, vor echten Problemen. Aber Macron hats nochmal herumgerissen, das Steuer der Macht in Frankreich. Ob Europa es schafft das Steuer in der Ukraine herumzureißen, wird sich noch zeigen. Was sich aber für uns zeigen muss ist, ob wir Handwerker es schaffen die Gunst der Stunde zu nutzen und eine neue Wertigkeit in der Gesellschaft zu bekommen. Denn auch da gilt es für viele Unternehmen das Steuer herum zu reißen.
Spätestens seit Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts, mussten wir Handwerker einen Verlust unseres Wertes in der Gesellschaft hinnehmen. Die Materialien, welche uns von der Farbindustrie bereitgestellt wurden, wurden immer besser, in manchen Bereichen würde ich sagen sogar „idiotensicher“. Die Baumärkte wuchsen aus dem Boden wie Pilze im feuchtwarmen Wald und boten dem geneigten Heimwerker leichten Zugang zu nahezu allen Materialien, die er für sein Heim benötigte. Eine Erfolgsstory. Hätten wir damals nur in einen Baumarkt investiert!
Haben wir aber nicht. Zumindest die Allermeisten haben das nicht. Schade. Am Ende war aber auch der Aufstieg der Baumärkte etwas, das dem Handwerk und seinem Ruf nicht gerade zuträglich war.
Heute trennt sich das ehemals – oder vermeintlich? – geeinte Handwerk in zwei Teile. Passt ja zu unserer Gesellschaft werden wohl Einige sagen. Corona und Umwelt spaltet die Gesellschaft ja auch.
Stimmt, machts aber nicht besser. Das Handwerk teilt sich in erfolgreich und weniger erfolgreich. Und das zu einer Zeit des Handwerkermangels. Die Auftragsbücher sind voll - höre ich ständig und von allen Seiten. Ja, das mag gut sein. Aber volle Auftragsbücher sorgen leider nicht zwangsläufig und in jedem Unternehmen für volle Bankkonten. Eine Absurdität des Handwerks.
Dabei gab es Zeiten in denen der Handwerksmeister gleichzeitig auch der Ortsvorsteher, der Bürgermeister war. Er wurde um Rat gefragt und man hat ihm geglaubt. Denn als Handwerksmeister war er eine Respektsperson, er genoss Ansehen und nur Wenige hätten seine Meinung öffentlich angezweifelt. Der Meister verdiente gut, deutlich mehr als die Menschen um ihn herum. Sein Preis wurde bezahlt. Natürlich war der einfache Mann der Straße nicht der potenzielle Kunde des Handwerkers. Der einfache Arbeiter konnte sich das nicht leisten. Daran hat sich im Prinzip bis heute nichts geändert. Was sich aber sehr wohl geändert hat, ist die Anzahl der Anbieter, der selbstständigen Handwerker.
Und wie wir alle wissen, ist eine steigende Zahl von Anbietern der Tod jeglicher Exklusivität. Wenn viele das Gleiche tun, dann ist das zwar noch lange nicht das Selbe, aber es sinkt der Preis. Eine einfache Logik. Und wenn ich einer von Vielen bin, dann bin ich auch nichts Besonderes mehr. Keine Respektsperson, kein Ortsvorsteher und auch kein Bürgermeister.
Inwieweit der stark vereinfachte und verkürzte Weg Meister werden zu können seinen Anteil daran hat, ist sicher eine berechtigte Frage.
Aber darum geht es mir hier gar nicht. Mir geht es um die eine Sache, den Kern, den wahren Grund warum sich ein junger Handwerker, eine junge Handwerkerin weiterbildet und den Meisterstatus erreichen will. Es geht mir um das, wofür wir angetreten sind. Und das ist gewiss nicht das Ziel Bürgermeister zu werden oder Ortsvorsteher.
Es geht um das was es immer tut, natürlich ums Geld! Darum geht es, und um nichts anderes. Geld! So einfach und doch so schwierig. Im letzten Jahr hatte ich einen jungen Malermeister im Programm. Im Laufe der Monate der Begleitung kam das Thema Geld immer wieder auf den Tisch. Er behauptete, dass der wichtigste Beweggrund sich selbstständig gemacht zu haben die Liebe zu seinem Handwerk war. Was ihn ohne Zweifel ehrt. Was ich aber auch ohne Zweifel anzweifle. Die Liebe zum Handwerk ist die Voraussetzung, nicht aber der Grund sich als Handwerksmeister selbstständig zu machen. Aus Liebe zum Handwerk hätte er ebenso in einem guten Unternehmen als Mitarbeiter seiner Liebe nachgehen können. Ich habe ihm folgende Frage gestellt: Würdest Du das was Du aktuell tust, Tag für Tag, genauso weiter betreiben, wenn Du 30 Millionen Euro auf deinem Bankkonto hättest? Würdest Du jeden Tag in die Arbeitskleidung schlüpfen und zur Arbeit fahren, würdest Du dich ums Lager, die Werkstatt kümmern, deine Mitarbeiter einteilen, deine Kunden beraten, Schwierigkeiten überwinden, Probleme klären, Reklamationen bearbeiten? Bei 30 Mio?
Wohl eher nicht. Das war ganz schnell klar. Er würde vermutlich auf seiner Jacht im Süden den Winter verbringen und wäre mit der Verwaltung seines Vermögens mehr als ausgelastet. Und genau deshalb geht es nicht um die Liebe oder eine Philosophie. Nein, es geht ums Geld. Denn Geld ermöglicht uns Vieles. Geld macht nicht glücklich, aber unabhängig. Und dafür sind wir angetreten.
Das wirklich Tragische ist, dass sehr viele Handwerksmeister-innen eben genau das nicht tun. Ausreichend Geld verdienen. Denn, wie oben beschrieben, wo viele das Gleiche tun sinkt der Wert.
Da entsteht dann auch die Hoffnung den schlechten Ertrag eines schlecht kalkulierten Auftrages mit dem nächsten, in gleicher Weise kalkulierten Auftrag auszugleichen. Wer glaubt, dass die Dinge sich verändern, ohne selbst etwas zu verändern, der kann auch an die Zahnfee glauben. Oder an den Nikolaus. Hilft halt Nichts.
Aber wie können wir Handwerker aus dieser Selbstzerstörung entkommen? Wie schafft es ein guter Handwerker auch das zu verdienen, das er gemessen an seinem Einsatz, seiner Ausbildung und seines Risikos, das er als Selbstständiger trägt, auch verdient? Ein erster Ansatz:
Der Bauchladen muss kleiner werden.
Als multifunktionaler Alleskönner fehlt das ertragssteigernde Erscheinungsbild des Spezialisten. Spezialisten sind die Gewinner von Heute. Das Universaltalent hat spätestens seit Michelangelo oder Leonard Da Vinci ausgedient. Menschen vertrauen ihr Hab und Gut, ihr Auto und ihr Haus eher Fachleuten an, die den guten Eindruck hinterlassen für die angedachte Aufgabe genau die Topspezialisten zu sein. Und das meist zu einer vernünftigen Bezahlung. Dass sich im Malerhandwerk immer mehr Meister/innen spezialisieren und sich ihre Nische suchen, ist ein gutes Zeichen. Das macht es nicht nur für den Kunden einfacher den oder die richtigen Handwerker zu finden, es erleichtert dem Handwerker auch sein Auftreten, seine Kundenansprache, sein Marketing. Am Ende gilt es alle Beteiligten zufrieden zu stellen. Der Kunde erhält die Leistung, die seinem eingesetzten Kapital entspricht und der Handwerker bekommt die Bezahlung, die seine Leistung wert ist.
Ist doch ganz einfach – oder?
Robert Paulus